Lass die Sonnen rollen

Zerspreng' die Köpfe in deinen Schultern
Wie sonst sollen die Sonnen rollen
Verpupp' dich in Moorwiesensträuchern
Lass dich hänge



Der Fänger

Warum fängt der Fänger den Anfang und wirft alles ins Meer? Warum stehst du noch am Zaun und schüttelst Sorgen in den Wind? Warum schaufelst Du mühsam alle Türen frei und lässt dann irgendwen ganze Bretterberge davor abstellen? Selbst manche Frau Müller würde beherzt zupacken und Feuerholz daraus machen.


Ich komme nicht mehr an gegen die Wurzeln
die Erde, die uns mit Freude “umbaut”
von Erde verschlungen, aus der Maschine gesrpungen
unwiederbringlich frei wie “Unkraut”




Wie was?

Wie Dadadidudilidub
Sangsalabimbam zam Tiranutarjutson
Trampidie Trampedie
Alles wie immer




Durchstreife die Felder
mit dem Bild der Wälder
Die Wildnis
übernimmt alles




2 Wochen Off-Theater (Auszug)

Becker ging mir auf den Sack. Er saß den ganzen Tag auf der Fensterbank des großen Fensters im Flur, rauchte und spielte mit seinem verdammten I-Pad. Im Prinzip hatte er die Hauptrolle, doch seine Figur taucht erst in der zweiten Hälfte des Stücks auf und es lagen zwei Tage vor mir, an denen er eigentlich nichts zu tun hatte und so also da rumhing und, wenn jemand vorbei kam, dumme Sprüche riss. Ich hatte meinen PC, das Klavier und den ganzen anderen Kram mit in der großen Halle aufgebaut.

Zum Glück waren die Koppack-Zwillinge auch mit von der Partie. Sie machten das Bühnenbild und Jean-Pierre spielte sogar eine klitzekleine Rolle. In der Nacht zuvor hatte ich mit ihm Speed gezogen. Irgendwann hab ich trotzdem gepennt. Er nicht; war ziemlich hinüber, fand das aber sehr amüsant. Becker hatte das vielleicht auch wahrgenommen und war deshalb etwas überschwänglich geworden und hatte ihm einfach mal ein Bein gestellt. Kleiner Witz. Schlechter Zeitpunkt. Direkt ein Brett. Dritter Tag. Das Auge des Hauptdarstellers schwillt an und wird blau. Hurra!

Naja, ich konnte es mir nicht verkneifen, nicht zu verstecken, dass ich es saukomisch fand. Es gab ne Diskussion, beide entschuldigten sich und alle arbeiteten weiter. Becker lag jetzt auf dieser riesigen Fensterbank, mit Eis auf dem Auge und dem I-Pad über sich.

„Hey Müller“. Ich hasse es wenn ich so gerufen werde. Peter war eigentlich ganz ok. Er war der Regisseur. Es war für mich das erste mal, dass ich für ein Stück Musik entwickelte, während das Stück entwickelt wurde und ich war eigentlich noch immer hauptsächlich gespannt, da die ersten beiden Tage eigentlich nur dem Ankommen, Beschnuppern und anschließendem Betrinken gewidmet waren und ich bisher noch nicht mal der ersten Note in mir begegnet war, die auch nur im entferntesten mit dem ganzen Zirkus hier zu tun hatte.

Peter war gerade zur Tür hereingekommen, als letzter – als Regisseur. Mir war`s egal. Er hatte es sogar mehr oder weniger angekündigt in der vorangegangenen Nacht. „Wenn ich einmal anfange zu arbeiten, erwacht die Disziplin. Vorher aber der Durst.“ Schien zu stimmen. Zumindest schon mal anteilig. „MÜLLER!“ „Ja. Morgen.“ „Ich hatte heute beim Duschen eine großartige Idee. Am Anfang kommen alle, also die Mannschaft und die Tippsen zusammen rein, laufen alle durch die Halle und klettern dann, nachdem sie sich erst in aller Ruhe drum herum aufgestellt haben, in das Loch da rein.“ Er zeigte auf eine kleine Öffnung am Boden, ganz am Rande dessen, was wir am Tag zuvor in einem allerersten Anflug von Motivation als die Bühne abgesteckt hatten, bzw. als den Bereich in dem sich die Spieler bewegen sollten. „ Und dazu lassen wir dann so einen preußisch anmutenden Marsch laufen, falls Du so was hinbekommst. Und dann, wenn alle stehen, wird’s still. Und wenn der erste in das Loch runter klettert, kommt Techno. Was meinste?“

Keine Ahnung was ich meinte. Preußischer Marsch? Techno? Erzähl erstmal was zum Stück, nachdem Du jetzt zwei Tage lang mehr oder weniger nur von deinen Söhnen gequatscht hast. „Klingt gut“ sagte ich, „interessant auf jeden Fall. Ich werd mal was in die Richtung probieren.“ „Gut. Ich freu mich dass du mal mit an Bord bist. SO ALLE MAL ZUSAMMEN KOMMEN, WIR GEHEN DAS MAL AN JETZT. ZACK ZACK KINDER."





Anfangs ist alles ein Anfang
Anfangen mit dem Anfangen
ist lediglich ein Aufhören
mit dem Aufhören




Das bunte Fenster

Immer wieder sah ich mein Spiegelbild im Fenster im Flur. Nach einer Weile begann ich, es auf dem Glas, mit bunten Farben, nachzumalen. Jeden Tag fügte ich dem Bild ein paar Kleckse hinzu. Nach einigen Tagen begann die Farbe die Aufmerksamkeit meiner Nachbarin zu erregen. Die alte Dame klingelte an meiner Tür und erklärte, das Fenster zum Garten, das sie von ihrer Terrasse aus so gut sehen könne, erinnere sie an das schönste Fenster in ihrer liebsten Kirche.

Ich bedankte mich höflich für ihre wohlmeinenden Worte. Am nächsten Morgen machte ich weiter meine Kleckse. Immer wenn meine Nachbarin mich im Garten sah, winkte sie und kam danach zur Hecke gelaufen um mir Komplimente zu machen. Immer schöner wurde das Fenster, so fand sie. Ich selbst wusste trotz des Zuspruchs gar nicht, warum ich eigentlich der Farbe zu stetem Wachstum verhalf.

Nach einigen Monaten war das Bild vom Fenster aus so weit in meinen Flur hineingewachsen, dass ich kaum noch meines Weges zur Arbeit gehen konnte. Noch vor Ablauf des ersten Jahres hatte sich der Weg zur Fabrik als undurchdringlich erwiesen. Weshalb man sich gezwungen sah, mich zu entlassen. Ich musste den Weg durch ein anderes Fenster in den Garten wählen, wenn ich überhaupt noch das Haus verlassen wollte.

Nun, da so viele Menschen so gerne kommen, um das Bild zu sehen, hat es eine neue Form bekommen. Der stete Strom der Leiber hat den Körper an der Wand geformt. Er sieht nun sehr kraftvoll aus und lässt mich auch wieder freundlich passieren. Meine Anstellung habe ich nicht zurückerhalten.



Der Garten

Nachdem ich für Jahre Zweige gesammelt und Berge von Reisig angehäuft hatte, entzündete ich alles und lockte damit manches Getier in meinen Garten.
Willkommen waren alle - und laut waren sie!
Sie brachten mir etwas wildes, sie brachten etwas, was so lange fort schien.
In Wahrheit jedoch brachten sie es nicht mit,
sie brachten es nur wieder zum Vorschein.

Tief begraben war es in meinem eigenen Garten.
Unter der unauffälligen, gut gepflegten Rasendecke verbargen sich all die riesigen Steinmonumente,
die monströsen Kunstwerke meiner Kindheit.
Und dieser wunderbare Dreck, der riecht wie der Sommer.

Nun umgebe ich mich täglich mit denen die kriechen und krabbeln,
fliegen und galoppieren,
schreien und heulen,
jagen und schützen,
beißen und lieben.

Und das Schönste ist:
Sie nehmen mich auf
als einen der ihren.
Trotz des Gestanks.






Einmal, immer

Einmal, da kam ich in eine Stadt, in der man nirgendwo irgendwo ankam. Man konnte laufen oder fahren, egal in welche Richtung und egal für wie lange. Es gab sogar zahlreiche Straßenschilder, die ihren eigenen Behauptungen nach in die Richtungen von Geschäften, Nachbarschaften, Parks, Seen etc. zeigten. Welcher Wesisung ich jedoch auch folgte, immer gab ich irgendwann, spätestens nach ein paar Tagen, auf und kehrte um. Ich weiß nicht genau warum. Irgendwann muss man ja schließlich irgendwo ankommen, nicht wahr? Zumindest in wahnsinniger Liebe, sollte man denken.

Sie lächelt.

Er pflückt einen Stern und erzählt weiter.

Einmal, da verbrachte ich 3 Sommer, 30 Leben, eine Jugend und alle Farbgänge in Morgenstunden. Und in Wahrheit tue ich all das noch immer und mehr. Die Städte sind so unfassbar leer.

Er stockt.

Sie schenkt dem frisch gepflückten Stern seine Blüte und flüstert Geheimes in fast gänzlich unerhörter Weise und Art:

Einmal, da traf ich wen und ich lieb’ ihn noch immer. Wir teilen uns das Zimmer, das Nimmer und Immer.


































































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